Schon wieder nichts geschafft
Es ist Sonntagabend und ich versuche mich mal wieder an dem Rezept meiner Mutter für Klöße für eine Suppe. So richtig gelingen wollten sie mir bisher noch nie, langsam wusste ich aber woran es lag. Da die Grundlage ein Brandteig ist, muss man sehr viel Zeit mitbringen, Geduld und auch Kraft, weil das Umrühren mit der Zeit ordentlich in die Arme geht.
Mittendrin geht mir die Puste aus, ich habe keine Kraft mehr (in den Armen).
Frustriert fluche ich vor mich hin, ärgere mich über mich selbst. „Nicht mal Klöße für eine Suppe kriegst du zustande“. Es ist Sonntag, ausnahmsweise hatte ich mal wirklich frei, habe nicht viel getan, da muss die Energie doch für so eine blöde Suppe reichen. Und sowieso, wenn ich mir mein To-do der Woche ansehe, habe ich davon gefühlt mal wieder nichts geschafft.
Kommt dir diese Situation bekannt vor?
Ich habe vor kurzem eine kleine Umfrage gemacht bezüglich der Erwartungshaltung, die wir an uns selber haben und die meisten haben unrealistisch hohe Erwartungen. Wir alle wissen das, halten diese unrealistischen Maßstäbe aber trotzdem aufrecht.
Und was genau hat das nun mit dokumentarischer Fotografie zu tun?
Eine ganze Menge tatsächlich.
Vor allem bei den Familienreportagen halte ich ja nicht nur Erinnerungen für deine Kinder fest. Ich mache nicht nur Fotos von schönen, fröhlichen Momenten, Momenten voller Liebe, Momenten voller Nähe. Ich sehe nicht nur die Kinder in all ihren Facetten und mache sie sichtbar.
Ich sehe auch die Eltern. Ich sehe, was sie tagtäglich alles leisten. Ich sehe, dass sie trotz totaler Erschöpfung ihren Kindern mit so viel Liebe begegnen. Ich sehe wie ruhig sie bleiben, obwohl es manchmal wirklich zum Haare Raufen ist. Ich sehe wie sie Familienleben, Partnerschaft, Arbeit, vielleicht Selbstständigkeit, Haushalt und Co jonglieren und sich selbst dabei viel zu oft vergessen.
Sie sehen das alles ganz oft leider nicht.
Und das gilt nicht nur für Eltern, sondern für jeden!
Und auch deshalb liebe ich die dokumentarische Fotografie so sehr, weil sie all das zeigt, weil sie dich sichtbar macht, weil sie dir zeigt wie wundervoll du bist, was du alles auf deinen Schultern trägst. Diese Fotos zeigen nicht immer die perfekten, die schönsten Momente. Das müssen sie aber auch gar nicht.
Du bist nämlich perfekt und schön, genauso wie du bist.
Du bist genug.